Adcubum AG

Neue Rolle für Vermittler

Studien

Vor kurzem hat die Adcubum AG in Zusammenarbeit mit den Versicherungsforen Leipzig eine Studie über „Die Zukunft der Privaten Krankenversicherung“ veröffentlicht. Darin wird untersucht, wie sich grundlegende Trends unserer heutigen Gesellschaft auf die PKV auswirken könnten und auf welche Anforderungen sich die Versicherungsgesellschaften einstellen müssen. Mit dem Deutschland-Geschäftsführer von Adcubum, Michael Süß, sprach Versicherungspraxis24 über diese Herausforderungen und das Umfeld, in dem sich die Private Krankenversicherung aktuell bewegt.

Ein Interview mit Michael Süß, Geschäftsführer Adcubum Deutschland

Versicherungspraxis24: Herr Süß, um die Private Krankenversicherung ist es ja in letzter Zeit etwas stiller geworden, verglichen mit der Lebensversicherung beispielsweise.  Heißt das, dass speziell auf dem deutschen Markt hier alles in Ordnung ist oder sehen Sie grundlegende strukturelle Probleme, die diese Sparte belasten?

Süß: Die PKV ist natürlich genau so wie alle anderen Versicherungsgesellschaften von der Niedrigzinsphase und dem Kostendruck sowie dem demografischen Wandel betroffen. Dazu kommt der medizinische Fortschritt, der tendenziell die Behandlungen teurer macht.

 

Versicehrungspraxis24: Ist die Bürgerversicherung nach Ihrer Einschätzung noch ein Thema?

Süß: Es gibt wohl faktisch ein Stillhalteabkommen zwischen CDU und SPD, dass dies weder aktuell noch für den nächsten Wahlkampf ein Thema ist. Ich gehe deshalb davon aus, dass sie in den nächsten Jahren in Deutschland nicht kommen wird.

 

Versicherungspraxis24: Dadurch hat die PKV ja die Chance, sich in Ruhe weiterzuentwickeln. Wie sollte sie das nützen?

Süß: Die Krankenversicherer müssen sich vor allem vom Risikoträger zum Serviceanbieter entwickeln und den Wandel hin zum Partner ihrer Kunden vollziehen. Dies wird allein schon der Wettbewerb erzwingen, auch wenn faktisch ja ein Wechsel im Rahmen der PKV nur bedingt möglich ist.

 

Versicherungspraxis24: Welches sind aus Ihrer Sicht die Hauptprobleme, denen sie sich stellen müssen?

Süß: Die wichtigste Herausforderung ist sicher die Digitalisierung der Infrastruktur, denn die heutigen jungen Menschen sind ganz anders unterwegs als frühere Generationen von Kunden. Sie legen Wert auf Selfservice, wollen die Daten selbst anfordern und den Vertrag dann möglichst gleich im Internet abschließen. Außerdem erwarten sie Produktangebote, die individuell auf sie zugeschnitten sind. Auf der anderen Seite verfügen die meisten Versicherer noch über ein veraltetes IT-System, das keinen Automatismus in der Abwicklung zulässt und deshalb sind die Prozesse viel zu langsam. Geschwindigkeit ist heute aber ein Muss.

 

Versicherungspraxis24: Sie sagten, die Kunden wollen direkt im Netz abschließen. Trifft das wirklich auf alle Formen der Krankenversicherung zu?

Süß: Dabei muss man sicher zwischen der Vollversicherung und der Zusatzversicherung unterscheiden. Die Vollversicherung ist sehr komplex und beratungsintensiv. Hier ist die Rolle des Beraters sicher auch weiterhin notwendig. Bei den Zusatzversicherungen, zum Beispiel der Zahnzusatzversicherung, ist dagegen nicht immer eine Beratung nötig, da kann und wird sich der Abschluss immer mehr ins Internet verlagern.

 

Versicherungspraxis24: Wie ist die PKV im Vergleich mit der GKV aufgestellt – gibt es da Unterschiede, was den Veränderungsbedarf angeht?

Süß: Die gesetzlichen Krankenkassen stehen in einem viel härteren Wettbewerb untereinander, da die Kunden ja fast jederzeit wechseln können und sie sich praktisch nur in den Zusatzangeboten, die sie auch in Kooperation mit Privaten Krankenversicherern anbieten, unterscheiden. Trotzdem muss sich auch die PKV bewegen und vor allem verstärkt Assistance- und Mehrwertleistungen anbieten, das ist neben einer modernisierten IT und mehr Service und Beratung die wichtigste Anforderung.

 

Versicherungspraxis24: Im Zusammenhang mit einer Studie, die Ihr Unternehmen mitverfasst hat, wird für eine „vierte industrielle Revolution“ plädiert. Was bedeutet das genau?

Süß: Die Maschine ergänzt den persönlichen Kontakt, indem der Kunde ins Internet geht und auch dort seine Verträge abschließt. Es ist darüber hinaus schon heute technisch möglich, dass der gesamte Policierungsprozess im Hintergrund vollautomatisch abgewickelt wird, ohne dass dazu ein Mensch eingeschaltet werden muss. Gleichzeitig können auch Maschinen heute schon „Empathie“ zeigen, beispielweise in der automatischen Kundenbetreuung, bei der auf Anfragen und Beschwerden automatisch Antwortmails mit passendem Inhalt verschickt werden.

 

Versicherungspraxis24: Glauben Sie, dass die Kunden das nicht irgendwann merken, dass das keine echte Empathie ist?

Süß: Gerade die junge Generation – aufgewachsen beispielsweise mit Apples Siri -  wird das als normal ansehen oder sogar erwarten.

 

Versicherungspraxis24: Wird das Ersetzen von Menschen durch Maschinen nicht zu einem gewaltigen Personalabbau sowohl bei den Vermittlern als auch im Backoffice führen?

Süß: Die Effizienzsteigerung und Industrialisierung wird sicher in einigen Bereichen zu einem Personalabbau führen, indem sich Prozesseins Internet verlagern. Aber gleichzeitig wird es neue Aufgaben in den einzelnen Fachbereichen geben, indem mehr Servicebereitschaft und Partnerschaft mit den Kunden gefragt sein werden. Außerdem wird durch den medizinischen Fortschritt mehr Leistung und Fachwissen verlangt werden.

 

Versicherungspraxis24: Gilt der Satz „Versicherungen werden verkauft, nicht gekauft“ auch für die PKV und auch für die Zukunft?

Süß: Die Vollversicherungen werden auch weiterhin verkauft, die Zusatzleistungen werden dagegen gekauft. Generell muss der Vermittler aber schon darüber nachdenken, welchen Mehrwert er seinen Kunden bietet, wenn sich einiges in die Onlinewelt verschiebt. Da sind auch die Versicherer gefordert, die durch Zusatzleistungen wie Präventionsmaßnahmen ihr Angebot für die Kunden attraktiver machen und auf sie zugehen müssen. Heute ist es ja noch häufig so, dass die Hälfte der eingereichten Rechnungen manuell bearbeitet werden muss und es dann entsprechend lange dauert, obwohl es längst möglich ist, zumindest die einfachen Fälle automatisch zu bearbeiten. Damit werden Kapazitäten frei, um zusätzliche Serviceleistungen anzubieten.  Dafür werden bei den Vermittlern die Soft Skills wichtiger, also Eigenschaften, die man nicht lernen kann, und die Versicherungsunternehmen werden sicher stärker darauf achten.

 

Versicherungspraxis24: Wie sieht für Sie die Versicherungsvermittlung der Zukunft in der Privaten Krankenversicherung aus – wird es weiterhin alle Vertriebswege geben?

Süß: Man wird auch in Zukunft Berater brauchen, aber die Onlineberatung wird wichtiger werden. Viele Vermittler sind ja auch heute schon sehr präsent im Internet. Dort wird es vor allem bei der Vollversicherung eine Basisberatung geben, die Details werden dann im persönlichen Gespräch mit dem Berater besprochen. Grundsätzlich müssen diese sich aber darauf einstellen, dass die Kunden heute viel besser informiert sind als früher und auch mehr von dem Vermittler erwarten – auch was die Erreichbarkeit angeht. Grundsätzlich könnte ich mir denken, dass die Makler, die der Ausschließlichkeitsorganisation einen besseren Marktüberblick voraus haben, etwas stärker wachsen als die Ausschließlichkeitsvermittlung, die ihrerseits aber mit vertiefteren Produktkenntnissen punkten kann.