Private Krankenversicherer werden zum Gesundheitscoach
Die Krankenversicherer müssen sich umstellen, um zukunftsfähig zu bleiben. Zu den größten Herausforderungen für das österreichische Gesundheitssystem gehört dabei der demografische Wandel. Erschwerend hinzu kommt das – einem raschen Wandel unterworfene – technische und wirtschaftliche Umfeld.
Folgen für die Branche haben nach Einschätzung der Versicherer fünf Top-Trends: An erster Stelle steht die Digitalisierung (100 Prozent Zustimmung unter den Studienteilnehmern), gefolgt vom medizinischen Fortschritt (94 Prozent), dem demografischen Wandel (92 Prozent), der Industrialisierung (77 Prozent) und dem Thema E-Health (73 Prozent).
Ein wichtiges Thema sind Leistungen und Services, die über den reinen Versicherungsschutz hinausgehen und dem Krankenversicherer eine Positionierung als Gesundheitscoach erlauben. Mit der Merkur Versicherung nennt sich einer der größten Anbieter Österreichs in seinem Claim bereits „Die Gesundheits-Versicherung“. Durch die Erweiterung ihrer Wertschöpfungskette können Versicherer neue und vor allem regelmäßige Kontaktpunkte zum Kunden erschließen und erlebbare Mehrwerte außerhalb des Leistungsfalls schaffen. Im Bereich der Prävention können das etwa Ernährungsberatungen, Subventionierungen von Fitnessstudios, die Finanzierung von zusätzlichen Vorsorgeuntersuchungen oder auch die schnelle Vereinbarung von Arzt-Terminen sein.
Auch im Leistungsfall entwickelt sich der Krankenversicherer mehr und mehr zum Berater, der den Kunden nicht nur versichert, sondern ihn begleitet. Er gibt ihm ein Netzwerk an die Hand, das ihm eine effiziente und effektive Behandlung ermöglicht, um die Genesung zu fördern. 84 Prozent aller befragten Krankenversicherer erwarten, dass sich dieser Managed-Care-Ansatz durchsetzen wird. Die österreichischen Anbieter hingegen stufen diese Art der Steuerung als eher wenig relevant ein, da sie nur Zusatzversicherungen anbieten.
Eine Ausrichtung als Gesundheitscoach erfordert entsprechend flexible und agile IT-Systeme. Hier muss vielfach erst noch die technische Basis geschaffen werden. Unter dem Strich geht die Entwicklung weg von den branchenüblichen Insel-Lösungen mit Daten in unterschiedlichen IT-Systemen und hin zum Netzwerk, auf dessen Datenpool alle Beteiligten zugreifen können. Die 2006 in Österreich eingeführte, elektronische Versicherungskarte verfolgt diesen Gedanken ebenso wie entsprechende deutsche und schweizerische Initiativen. Ziel ist die elektronische, alle Daten vereinende Patientenakte.
Von Michael Süß, Geschäftsführer von Adcubum Deutschland